BGH: grenzüberschreitender Unterhalt – nun kommt es auf die Kaufkraftunterschiede an
Bei grenzüberschreitenden Unterhaltsfällen stellt sich immer das Problem, dass die Lebenshaltungskosten im Wohnsitzland der unterhaltsberechtigten Personen und dem Wohnsitzland der unterhaltsverpflichteten Person unterschiedlich hoch sind.
Beispiel:
Die Kindesmutter macht Kindesunterhalt für das gemeinsame Kind vor einem deutschen Gericht geltend und wohnt mit dem Kind in Deutschland. Der Kindesvater wohnt in Polen.
Hier wird oft eingewandt, dass der Selbstbehalt des Kindesvaters in Polen viel geringer sein müsste, da die Lebenshaltungskosten Polen viel geringer sind.
Hierzu gibt es diverse-unterschiedliche-Entscheidungen.
Ländergruppeneinteilungen oder Ländertabelle des Statistischen Bundesamtes
Häufig wird auf die Ländergruppeneinteilung der Steuerverwaltung verwiesen oder Ländertabelle des Statistischen Bundesamtes. Die dort ermittelten Unterschiede sind aber (nicht mehr) realistisch. Diese Tabellen sind überholt.
der Fall des BGH
Einen Deutschland lebendes Kind wollte von seinem in der Schweiz lebenden Vater eine Erhöhung des Kindesunterhaltes. Das Gericht stellte sich die Frage, wie die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten zwischen Deutschland und Schweiz hier zu berücksichtigen sind. Insbesondere ging das Gericht davon aus, dass die Lebenshaltungskosten in der Schweiz höher sind als in Deutschland. Wie dies zu berücksichtigen sei, war bisher rechtlich höchstrichterlich noch nicht geklärt.
Das Amtsgericht berücksichtigte die entsprechende unterschiedlichen Lebenshaltungskosten nicht ausreichend.
Das Oberlandesgericht stellte auf die bestehenden Kaufkraftunterschiede, die es mit Hilfe der Wertetabellen des Statistischen Amtes der Europäischen Union (Eurostat) ermittelte, ab und reduzierte die vom AG zugesprochene Unterhaltszahlung .
Das OLG begründete dies damit, dass diese statistischen Werte des Eurostat am genausten die entsprechenden Unterschiede bei den Lebenshaltungskosten berücksichtigen würden.
OLG – Eurostats- Tabelle – Berücksichtigung beim Einsatzeinkommen
Nach dem OlG ist der Kaufkraftunterschied ist bereits bei der Leistungsfähigkeit zu berücksichtigen.
Das Oberlandesgericht hat das Einsatzeinkommen des Kindesvaters mit dem Verhältniswert 0,639 (Deutschland- Schweiz) multipliziert und so eine entsprechend geringere Höhe als Einsatzeinkommen eingesetzt.
BGH- billigt die Unterhaltsberechnung
Der Bundesgerichtshof (Beschluss v. 9.7.2014, XII ZB 661/12) bestätigte das Urteil des OLG. Auch das BGH sah die Ermittlung der unterschiedliche Lebenshaltungskosten mittels der Eurostat-Tabelle für zulässig und sachdienlich an.
Anmerkung:
Internationale Unterhaltsfälle sind schwierig, auch bei der späteren Durchsetzung. Von daher sollte hier immer eine spezialisierte Anwaltskanzlei beauftragt werden. Wir können hier nicht behilflich sein, da wir nicht auf das Unterhaltsrecht spezialisiert sind.