Abschleppkosten und Anwaltskosten beim Unfall in Polen sind erstattungsfähig

Abschleppkosten und Anwaltskosten beim Unfall in Polen sind erstattungsfähig

Unfall in Polen

Welches Recht gilt beim Unfall in Polen?

Ein Kfz-Unfall im Polen bestimmt sich in der Regel nach polnischem Recht. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn zwei Deutsche die einzigen Unfallbeteiligten in Polen sind.


Vor welchem Gericht kann man beim Verkehrsunfall in Polen klagen?

Trotzdem kann man sowohl in Deutschland als auch in Polen klagen. Dies wurde vom EuGH schon vor Jahren entschieden. Die EuGVVO eröffnet diese Möglichkeit. Der Geschädigte kann an seinem Wohnsitz (Sitz des Versicherungsnehmers) gegen die polnische Versicherung des polnischen Unfallgegners klagen.


Besser in Deutschland oder Polen klagen?

Ob man lieber in Deutschland oder in Polen klagen sollte, hängt vom Einzelfall ab. Gerade wenn die Schuldfrage stark strittig ist, ist eine Klage in Polen zu bevorzugen. Die Erstattung der Anwaltskosten in aber in Polen anders als in Deutschland nicht vollständig möglich, selbst, wenn man das Verfahren gewinnt!

Trotzdem stellt sich fast immer für den deutschen Geschädigten des Verkehrsunfalls in Polen die Frage, ob er seine Ansprüche im Polen vor Gericht geltend macht oder in Deutschland. Obwohl nämlich polnisches Recht, und zwar materielles Recht, im Bezug auf die Abwicklung des Unfalles hier zur Anwendung kommt, besteht die Möglichkeit trotzdem in Deutschland vor einem deutschen Gericht zu klagen. Dies sollte letztendlich der beauftragte Anwalt entscheiden.


Deutsche Verfahren sind komplizierter

Die Problematik ist nur die, dass das deutsche Gericht ebenfalls polnisches Recht anwenden muss. Da der deutsche Richter in der Regel keine Ahnung vom polnischen Verkehrsunfallrecht hat und es diesbezüglich auch nicht besonders viel Literatur/Bücher gibt, wird das deutsche Gericht in der Regel ein Rechtsgutachten einholen. Dies hat den Nachteil, dass hierdurch zusätzliche Kosten entstehen und darüber hinaus das Verfahren auch recht lange dauert. Oft brauchen Gutachter für die Erstellung eines Gutachtens ein halbes Jahr (dies wär sehr schnell) oder länger (dies ist der Normalfall).


Außergerichtliche Anwaltskosten sind in Polen nicht erstattungsfähig!

Nach dem polnischen Verkehrsunfallrecht sind zum Beispiel die außergerichtlichen Anwaltskosten nicht erstattungsfähig. Schaltet also der deutsche Geschädigte einen Rechtsanwalt in Deutschland ein, muss er die vorgerichtlichen Kosten selbst tragen. Dies ist nach polnischem Recht der Normalfall und gilt nicht nur für Verkehrsunfälle, sondern grundsätzlich sind außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Polen nicht erstattungsfähig. Selbst vor Gericht werden meist nicht die kompletten Anwaltsgebühren für erstattungsfähig gehalten (Problematik: der gerichtlichen Rahmengebühren für Anwälte). Dabei spielt es keine Rolle, ob der Anwalt in Deutschland oder in Polen beauftragt ist, denn es kommt allein auf das anzuwendende Recht an.


Entscheidung des Oberlandesgericht Düsseldorf

Von daher ist um so erstaunlicher, dass eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 3. August 2021 hier die Rechtslage komplett anders-und zwar zugunsten des deutschen Unfallgeschädigten-beurteilt hat.

Abschleppkosten von Polen nach Deutschland

In diesem Verfahren ging es darum, ob Abschleppkosten eines beschädigten Fahrzeuges von Polen nach Deutschland erstattungsfähig sind und ob die außergerichtlichen Anwaltskosten ebenfalls eine erstattungsfähiger Schaden sind.

Beides bejahte das Oberlandesgericht (OLG Düsseldorf Urt. v. 3.8.2021 – 1 U 108/20) und führte dazu aus:

Zutreffend ist das LG auf der Grundlage des Rechtsgutachtens davon ausgegangen, dass der Kl. einen Anspruch auf Ersatz der Wertminderung in Höhe von 300,– Euro hat. Etwaige in der Regulierungspraxis herangezogene Altersgrenzen (vgl. Rechtsgutachten) – so ihnen überhaupt eine rechtliche Verbindlichkeit zukommt (dagegen: MüKoStVR, Polen Rdnr. 147, beck-online) – sind in Bezug auf das Klägerfahrzeug nicht von Belang. Dass das Fahrzeug bereits in der Vergangenheit einen erheblichen Unfallschaden erlitten hat, der nach polnischem Recht die Berücksichtigung einer Wertminderung ausschließen kann (Rechtsgutachten; kritisch auch insoweit MüKoStVR, Polen Rdnr. 147, beck-online: Ausgleichsanspruch unabhängig von Vorschäden dann, wenn sich im Einzelfall ein gegenüber dem Zustand vor dem aktuellen Schaden geringerer Marktwert des Fahrzeugs feststellen lässt), ist nicht ersichtlich. Zwar weist das Fahrzeug nach den Angaben des Schadensgutachters an der Front einen sach- und fachgerecht reparierten Unfallschaden auf, jedoch ist nicht ersichtlich, dass es sich um eine Beschädigung in einem Umfang gehandelt hat, die gegenüber der aktuellen Beschädigung erheblich ist.

Ebenfalls kann der Kl. Ersatz der für den Transport des beschädigten Fahrzeugs aufgewendeten Kosten in Höhe von 1.463,66 Euro verlangen. Eine nach § 354 § 2 KC erforderliche Abwägung der Parteiinteressen (Rechtsgutachten) ergibt, dass das Interesse des Kl., das beschädigte Fahrzeug nach Deutschland in die Nähe seines Wohnsitzes zu verbringen, das Interesse der Bekl. an einer Schadensminderung überwiegt. Dem Kl. ist nicht zuzumuten, sich von Deutschland aus um eine Reparatur oder einen Verkauf des Fahrzeugs in Polen zu kümmern, weil dies mit einem erheblich erhöhten Aufwand verbunden wäre (vgl. die Beispiele aus der polnischen Rspr., Rechtsgutachten). Die mit dem Transport verbundenen Kosten stehen auch nicht außer Verhältnis zu dem Wert des Fahrzeugs. Einwände gegen die Höhe der Abschleppkosten hat die Bekl. nicht erhoben.

5. Zutreffend hat das LG dem Kl. die entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten zugesprochen. Die Erforderlichkeit anwaltlicher Unterstützung (dazu Rechtsgutachten) ergibt sich hier aus dem Umstand, dass sich die Beurteilung der Ansprüche aus dem Unfallereignis nach polnischem Recht richtet, sodass der Kl. ohne Beauftragung eines Rechtsanwalts trotz der dem Grunde nach unstreitigen Haftung der Bekl. für die Unfallfolgen nicht in der Lage gewesen wäre, den genauen Umfang seiner – durch die Bekl. zum überwiegenden Teil bestrittenen – Ersatzansprüche zu ermitteln und gegenüber der Bekl. geltend zu machen. Dass der Kl. die Rechtsanwaltskosten nach deutschem Recht auf der Grundlage des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes bemisst, ist nach polnischem Recht nicht zu beanstanden (Rechtsgutachten). Der Kl. hat sich in seinem Heimatland Deutschland um Rechtsrat bemühen müssen, sodass es auf die Vergütung, die einem polnischen Rechtsanwalt zu zahlen wäre, nicht ankommen kann. Zahlungsverzug der Bekl. ist keine Voraussetzung der Erstattungsfähigkeit der Rechtsanwaltskosten (Rechtsgutachten).

6. Ein Anspruch auf Erstattung eines Nutzungsausfallschadens besteht nach polnischem Recht nicht (Rechtsgutachten), was auch das LG erkannt hat, obwohl es den entsprechenden Forderungsbetrag irrtümlich dennoch zugesprochen hat. Insoweit ist der Kl. einer Abänderung der angefochtenen Entscheidung ausdrücklich nicht entgegengetreten.

 

Anmerkung:

Zumindest in Bezug auf die Erstattungsfähigkeit außergerichtlichen Anwaltskosten würde ein polnisches Gericht hier mit hoher Wahrscheinlichkeit anders entscheiden. In Polen ist die Erstattungsfähigkeit von vorgerichtlichen Anwaltskosten auf absolute Ausnahmefälle beschränkt und zumindest dann, wenn man im Polen klagen würde, würde mit hoher Wahrscheinlichkeit das Gericht nicht dazu kommen, dass die Anwaltskosten des deutschen Geschädigten erstattungsfähig sind.

Für die Klage vor deutschen Gerichten ist das Urteil selbstverständlich für Geschädigte mit Sitz in Deutschland sehr positiv. Auch gegenüber den Versicherung könnte man auf das Urteil des Oberlandesgerichtes Düsseldorf verweisen. Allerdings sind die Versicherung nicht gehalten sich daran zu halten. Eine Entscheidung des Bundesgerichtshofes dazu liegt noch nicht vor.

Zu beachten ist auch, dass hier die Rechtsfindung des Gerichtes dadurch erfolgte, dass ein Rechtsgutachten eingeholt wurde. D. h., das Gericht hat sich hier nicht selbst mit dem polnischen Verkehrsunfallrecht beschäftigt, sondern hat einen Gutachter beauftragt zu den entsprechenden Rechtsfragen Stellung zu nehmen. Ein anderer Gutachter kann dies anders sehen (dies gilt natürlich auch für Gerichte).


Rechtsanwalt Andreas Martin – Anwalt in Polen/ Stettin

 

 

Ausschlagung einer Erbschaft in Polen bei minderjährigen Kindern – worauf müssen Sie achten?

Ausschlagung einer Erbschaft in Polen bei minderjährigen Kindern – worauf müssen Sie achten?

Erbschaft in Polen

Haben Sie minderjährige Kinder, die als Erben berufen sind oder denen die Erbschaft durch Ihre Ausschlagung anfällt, können Sie als gesetzlicher Vertreter auch für diese die Erbschaft ausschlagen. Dies geht sowohl in Deutschland als auch in Polen. Bitte beachten Sie aber, dass in einem solchen Fall es sehr wichtig ist, die Zuständigkeit des Gerichts sowie das anwendbare Recht vorab zu klären, insbesondere in deutsch-polnischen Erbrechtsfällen. Es ist ratsam hier schon von Anfang an einen Rechtsanwalt in Polen zu beauftragen, um notwendige Fristen abzuklären. Hier ohne polnischen Anwalt – bei laufender Ausschlagungsfrist zu handeln – ist grob fahrlässig.


Welches Recht findet Anwendung?

Die Frage nach dem anwendbaren Recht ist leider nicht so einfach zu beantworten. War der Erblasser Pole mit Aufenthalt in Polen wird – sofern es keine andere wirksame notarielle Regelung gibt – auf den Erbfall materielles polnisches Recht Anwendung finden. Dies gilt dann in der Regel auch für die Ausschlagung, auch diese hat nach polnischem Recht zu erfolgen. Für die Frage der Genehmigung der Ausschlagung gilt dies wohl aber nicht (so jedenfalls deutsche Gerichte – OLG Hamm Beschluss vom 4.5.2020 – 13 WF 66/20). Dies ist aber nicht so einfach; für die Ausschlagung und die Frage der Genehmigung könnte auch deutsches Recht Anwendung finden. Dazu unten mehr.


Was wäre denn für die Frage der Ausschlagung eines Minderjährigen der Unterschied zwischen dem deutschen und polnischen Recht?

Es gibt diverse Unterschiede zwischen dem deutschen und polnischen Erbrecht.

Grundsätzlich ist nach dem deutschen Recht die Ausschlagung einer Erbschaft für das Kind durch dessen Eltern genehmigungsbedürftig (§ 1643 Abs. 2 S. 1 BGB). Das Gesetz sieht eine Ausnahme von der Genehmigungspflicht dann vor, wenn der Anfall an das Kind erst infolge der Ausschlagung eines Elternteils, das das Kind allein oder gemeinsam mit dem anderen Elternteil vertritt, eintritt und dieser nicht neben dem Kind berufen war (§ 1643 Abs. 2 S. 2 BGB).

Im Fall der Erbausschlagung von Minderjährigen durch ihren gesetzlichen Vertreter ist nach dem polnischen Recht vorab eine Genehmigung des Vormundschaftsgerichtes erforderlich (Art. 101 § 3 des Familien- und Vormundschaftsgesetzbuches der Republik Polen).

Eine Versagung der Genehmigung in der Annahme und Hoffnung, die polnischen Gerichte und Behörden von der materiellen Anwendbarkeit deutschen Rechts zu überzeugen und deren Rechtspraxis zu ändern, vermag den Schutz des Vermögens des Kindes nicht hinreichend zu gewährleisten.


Was ist die Lösung?

Das Oberlandesgericht Hamm OLG Hamm (Beschluss vom 4.5.2020 – 13 WF 66/20) hat das Problem erkannt und formuliert:

Das hier anwendbare polnische Erbstatut (Art. 21 Abs. 1 Satz 1 EuErbVO) bestimmt nicht über die Frage, ob für die Ausschlagung eine Genehmigung erforderlich ist; vielmehr entscheidet darüber das Statut der elterlichen Sorge (OLG Koblenz v. 19.3.2018 – 9 WF 607/17, FamRZ 2019, 367 = FamRB 2019, 106; EuGH v. 19.4.2018 – C-565/16, FamRZ 2018, 1015 = NJW 2018, 1741).

Die Kollisionsnormen für die Ermittlung des auf das Statut der elterlichen Sorge anwendbaren Rechts sind auch dann dem Haager Kinderschutzübereinkommen (KSÜ) v. 19.10.1996 zu entnehmen, wenn sich die internationale Zuständigkeit aus der Brüssel IIa-VO ergibt, die die Zuständigkeitsnormen des KSÜ verdrängt, ihrerseits aber keine Kollisionsnormen enthält (OLG Hamm v. 2.2.2011 – 8 UF 98/10, FamRZ 2012, 143 = IPRspr 2011, Nr. 249, 636). Das KSÜ gilt sowohl in Deutschland als auch in Polen.

Nach Art. 15 Abs. 1 KSÜ wenden die Behörden der Vertragsstaaten ihr eigenes Recht an; es gilt demnach die lex fori. Dies führt im vorliegenden Fall zur Anwendung des deutschen Rechts. Somit könnte das deutsche Familiengericht keine Genehmigung erteilen, da eine solche nach § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB entbehrlich ist. Allerdings verlangen polnische Gerichte (möglicherweise in Verkennung der Rechtslage, dass die Frage der Genehmigung der
FamRB 2020, 399 Ausschlagung nicht dem polnischen Recht, sondern dem deutschen Aufenthaltsrecht folgt) in der Regel eine gerichtliche Genehmigung der Ausschlagung.

Die Eltern eines in Deutschland lebenden minderjährigen Erben stehen nunmehr vor dem Dilemma, dass das deutsche Familiengericht die Erteilung einer Genehmigung unter Hinweis auf Art. 15 Abs. 1 KSÜ, § 1643 Abs. 2 Satz 2 BGB ablehnen muss, die polnischen Nachlassgerichte aber oftmals irrtümlich von einer unwirksamen (da ohne gerichtliche Genehmigung erklärten) Ausschlagung ausgehen. Hier half bereits das OLG Koblenz in einem vergleichbaren Fall gestützt auf Art. 15 Abs. 2 KSÜ den Eltern und entschied, dass deutsche Familiengerichte eine Genehmigung der Ausschlagung erteilen können (OLG Koblenz v. 19.3.2018 – 9 WF 607/17, FamRZ 2019, 367 = FamRB 2019, 106).

Nach dieser Vorschrift können die zuständigen Behörden ausnahmsweise das Recht eines anderen Staates anwenden oder berücksichtigen, zu dem der Sachverhalt eine enge Verbindung hat, soweit es der Schutz der Person oder des Vermögens des Kindes erfordert.

Kurz: Die polnischen Gerichte wenden auch in Bezug auf die Frage der Genehmigung der Ausschlagung polnisches Recht an und bestehen auf die familiengerichtliche Genehmigung aus Deutschland.

 

Update März 2024:

Schauen Sie sich dazu auch den letzten Beitrag in Bezug auf die Gesetzesänderung in Polen an.


Zusammenfassung

Sobald Sie als gesetzlicher Vertreter das Erbe in Polen (für sich selbst)  ausgeschlagen haben, sollten Sie vor dem zuständigen deutschen Gericht eine o.g. Genehmigung für die Ausschlagung des Kindes beantragen; am besten unter Verweis auf die obige Entscheidung des OLG Hamm. Erst mit der Genehmigung können Sie in Namen der Kinder das Erbe in Polen ausschlagen.

Informieren Sie sich aber zuvor über die laufenden Frist bei einem polnischen Anwalt!

Bitte beachten Sie, dass wir die Fälle vor dem deutschen Gericht nicht führen!


 

Rechtsanwalt Andreas Martin

 

 

Corona in Polen – aktuelle Hinweise- Beschränkungen durch Covid-19

Covid-19: Aktuelle Hinweise zu Einschränkungen aufgrund von Corona in Polen

Polen schließt die Grenzen wegen Corona – erhebliche Probleme von Erbrecht bis Grundstückskauf

Grenzschließung zu Polen wegen Corona – erhebliche Probleme von Erbrecht bis Grundstückskauf

Neue Rechtsform in Polen – die einfache Aktiengesellschaft.

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Wie läuft der Notartermin beim Kauf einer Immobilie in Polen ab?

Wie läuft der Notartermin beim Kauf einer Immobilie in Polen ab?

Kauf von landwirtschaftlichen Grundstücken in Polen ab 26.6.2019 erleichtert!

Grundstückserwerb in Polen ist kaum noch beschränkt

In den letzten Jahren hat der Kauf von Immobilien in Polen durch deutsche Staatsbürger – vor allem an der polnischen Ostsee – zugenommen. Seit einigen Jahren gibt es nur noch wenige Beschränkungen für deutsche Käufer von polnische Grundstücken und Apartments. 

Kauf von landwirtschaftlichen Immobilien in Polen ab 26.6.2019

Kauf von Agrarflächen in Polen ist problematisch

Eine der immer noch zu beachtenden Einschränkungen beim Erwerb von Grundstücken in Polen ist der Kauf von landwirtschaftlichen Grundstücken/ Agrarflächen. Hier gibt es immer noch starke Einschränkungen.

 

neue Regelung über Kauf von Agrarflächen in Polen

Am 26. Juni 2019 traten nun die Änderungen des Gesetzes über die Entwicklung des landwirtschaftlichen Systems (poln. Ustawa o kształtowaniu ustroju rolnego) in Kraft.

leichte Verbesserungen beim Ankauf

Durch die obigen Regelungen wurden die Voraussetzungen für Erwerb von landwirtschaftlichen Immobilien erleichtert. Dies ist vor allen für ausländische Grundstückskäufer interessant.

Agrarflächen über 1 ha weiter reglementiert 

Von jetzt an gelten nach dem polnischen Recht besondere Vorschriften für den Erwerb von landwirtschaftlichen Immobilien mit einer Oberfläche von mehr als 1 ha.

Erwerb unter 1 ha möglich

Grundsätzlich kann nur ein Landwirt eine landwirtschaftliche Immobilie erwerben. Der Gesetzgeber hat aber die Ausnahmen vorgesehen.

Auch ein Normalbürger (also kein Landwirt)  kann eine landwirtschaftliche Immobilie bis zu 1 ha nun ohne Probleme kaufen. Zuvor galt eine Flächengrenze von 0,3 ha. Von daher ist auch hier eine Erleichterung vorgenommen worden.

Flächen über 1 ha – Kreis der nahestehenden Personen erweitert

Darüber hinaus ist der Personenkreis der sog. nahestehenden (verwandten) Personen (des Bauern/ Eigentümers) erweitert worden. Auch schon früher konnte diese nahestehenden Personen auch Flächen über 1 ha erwerben. 

Im Rahmen der Gesetzesänderung wurde der Kreis der nah stehenden Personen nun ausgedehnt worden. Der Gesetzgeber hat entschieden, dass nicht nur Abkömmlinge, Verwandte in aufsteigender Linie, Geschwister, Kinder der Geschwister, Ehegatten, adoptierte Kinder und Adoptiveltern, sondern auch die Geschwister der Eltern und Stiefkinder nah stehenden Personen sind.

Ausnahme für besondere Erwerbsarten/ Vollstreckung

Eine weitere Ausnahme gilt für den Fall, wenn die landwirtschaftliche Immobilie im Rahmen eines Zwangsvollstreckungsverfahrens, Konkursverfahrens, Aufhebung des Miteigentums, Aufteilung des Vermögens nach der Beendigung einer Ehe und nach der Verteilung des Nachlasses und im Rahmen der Aufteilung, der Umgestaltung oder Verbindung der Gesellschaften erworben wurde.

Genehmigungsvoraussetzungen näher bestimmt

Es wurden die Vorgehensweise und Voraussetzungen präzisiert, die erfüllt werden müssen, um die Genehmigung des Generaldirektors des Nationalen Zentrums der Unterstützung der Landwirtschaft (poln. Krajowy Ośrodek Wsparcia Rolnictwa – KOWR) zum landwirtschaftlichen Immobilienerwerb zu erhalten.

Antrag auf Genehmigung – Voraussetzungen

Im Gesetz wurden Voraussetzungen für Antrag und notwendige Unterlagen bestimmt. Dazu ist noch die Dokumentation notwendig, die bestätigt, dass die landwirtschaftliche Immobilie an einen Landwirt nicht verkauft werden kann. Zusätzlich muss der Erwerber sich dazu verpflichten, dass er eine landwirtschaftliche Tätigkeit betreiben wird.

Verpflichtung des Erwerbers die Agrarfläche 5 Jahre zu bewirtschaften

Der Erwerber der landwirtschaftlichen Immobilie ist 5 Jahre lang zur Führung eines landwirtschaftlichen Betriebs verpflichtet und zur Bewirtschaftung der erworbenen Immobilie.

Verkaufsbeschränkung für 5 Jahre

Diese erworbene Immobilie darf 5 Jahre lang weder verkauft noch verpachtet werden. Wichtig ist, dass vor der Gesetzesänderung dieser Zeitraum 10 Jahre betragen hat. Also auch hier gab es eine Liberalisierung.

Der Generaldirektor des Nationalen Zentrums der Unterstützung der Landwirtschaft gibt auf Antrag des Erwerbers der landwirtschaftlichen Immobilie im Rahmen der Verwaltungsentscheidung eine Einwilligung zum Erwerb oder zur Überlassung der landwirtschaftlichen Immobilien vor Ablauf des Zeitraums von 5 Jahren nach der Eigentumsübertragung zu, falls das die wichtige Geschäfte des Erwerbers oder die öffentliche Interessen begründen.

Kurz wenn der Erwerber wichtige Gründe für einen Verkauf der Fläche vor Ablauf der 5 Jahre hat, dann kann er hier eine Genehmigung beantragen.

Wir beraten beim Kauf von Immobilien in Polen in der Kanzlei in Stettin/ Polen.

Anwalt A. Martin (Stettin)

Liquidation einer polnischen GmbH (Spzoo)

Ablauf der Liquidation einer GmbH in Polen

Ablauf der Abwicklung einer GmbH / Spzoo in Polen


Immer mehr deutsche Geschäftsleute gründen in Polen Firmen. Die mit Abstand beliebteste Gesellschaftsform für Firmenneugründen für Deutsche ist – unserer Erfahrung nach – die polnische GmbH (Spzoo). Wenn der deutsche Gesellschafter – aus welchen Gründen auch immer – die polnische GmbH (SpzooSpółka z ograniczoną odpowiedzialnością)  abwickeln möchte, muss diese liquidiert werden. Dies ist in Polen nicht anders als in Deutschland; die Rechtsvorschriften hierzu unterscheiden sich erheblich. Falsch wäre es auf jeden Fall nichts zu tun, da dann früher oder später sich der polnische Finanzamt melden wird und dies kann dann unangenehm werden.

Einstellung der Betriebstätigkeit in Polen

Oft bleibt dem deutschen Gesellschafter keine andere Wahl, wenn er die Betriebstätigkeit in Polen einstellen möchte. Ein Verkauf einer GmbH in Polen ist schwer möglich; der Markt hierfür ist sehr klein. Ein Grund dafür ist auch, dass man schnell und kostengünstig (Mindeststammkapital nur PLN 5.000 = € 1.250) eine GmbH / Spzoo in Polen gründen kann. Auch weiß man beim Kauf oft nicht, wie die Spzoo steuerlich tatsächlich darsteht und ob die Spzoo nicht unbekannte Gläubiger hat.

Häufig ist es aber so, dass deutsche Gesellschafter sich nicht weiter um die polnische GmbH, die nicht mehr wirtschaftlich tätig ist, kümmern und erst nach einiger Zeit durch das polnische Finanzamt erinnert werden, dass hier bestimmte Pflichten bestehen. Je länger man wartet und nichts tun, um so teuer wird später die Abwicklung der polnischen Gesellschaft!

Liquidation einer GmbH (Spzoo) in Polen – der Ablauf

Die Liquidation / Abwicklung einer polnischen GmbH (Spzoo) ist im polnischen Handelsgesetzbuch (Kodeks spółek handlowych) geregelt. Dort bestimmen die Art. 67 ff. HGB PL (KSH) den Ablauf der Liquidation der polnischen GmbH.

Gesellschafterversammlung erforderlich über Beschlussfassung der Abwicklung

Ein Liquidationsverfahren einer polnischen GmbH beginnt mit einer Gesellschafterversammlung, die beim Notar stattfinden soll. Nach dem polnischen Handelsgesetzbuch ist für die Eröffnung der Liquidation eine außerordentliche Gesellschafterversammlung notwendig, die – durch entsprechende Beschlussfassung – das Liquidationsverfahren eröffnet und die Personen der Liquidatoren bestimmt. Die Liquidatoren vertreten die GmbH/ Spzoo bei der Abwicklung.

Anmeldung/ Bekanntmachung der Liquidation beim polnischen Registergericht (KRS)

Nach der Eröffnung des Liquidationsverfahrens erfolgt die Anmeldung der Liquidation und der Liquidatoren beim zuständigen Handelsregister. Dies ist das Registergericht am Sitz der Gesellschaft (KRS).

Information an die Gläubiger über Verfahren

Nach der Anmeldung dieses beim zuständigen Registergericht (KRS) sind s.g. Liquidationstätigkeiten durchzuführen. Im Rahmen dieser müssen die Liquidatoren den Gläubiger zur Forderungsanmeldung auffordern – die Frist dafür beträgt 3 Monate. Die Liquidatoren sollen laufende Geschäfte der Gesellschaft beenden, Forderungen einziehen und das Vermögen der Gesellschaft zu Geld machen.

Mindestdauer des Liquidationsverfahrens in Polen

Das gesamte Liquidationsverfahren dauert mindestens 6 Monate – erst nach dieser Frist können die Liquidatoren mit der Aufteilung des Vermögens zwischen den Gesellschaftern anfangen.

Die Liquidatoren müssen auch die gewissen Tätigkeiten nach der Liquidation durchführen, vor allem die entsprechende Behörde über die Liquidation der Gesellschaft zu informieren.

Wichtig ist auch, eine Person zu benennen, bei der alle Rechnungsbücher und sämtliche Unterlagen der liquidierten GmbH aufbewahrt werden. Auch wenn dies selbstverständlich erscheint, muss der Liquidator postalisch erreichbar sein.

deutschsprachige Rechtsanwälte in Polen

Wir beraten und vertreten – als deutschsprachige Anwälte in Polen – (Bürogemeinschaft) deutsche Mandanten in Polen bei der Abwicklung einer polnischen GmbH.


Rechtsanwalt A. Martin (Stettin)

Kosten der Zwangsvollstreckung in Polen

Für deutsche Firmen mit Geschäftskontakt nach Polen spielen auch die Regelungen über die Zwangsvollstreckung aus deutschen Urteilen in Polen eine wichtige Rolle. Mit dem Ausbau der deutsch-polnischen Wirtschaftsbeziehungen nehmen auch die Fälle der Vollstreckung im Ausland; hier in Polen, stetig zu. Für den deutschen Gläubiger stellt die Zwangsvollstreckung in Polen eine nicht einfach zu überwindbare Hürde dar; allein schon aufgrund der Sprachbarrieren und des nicht bekannten (polnischen) Rechtssystems.

Etwas Abhilfe – aber auch keine komplette Lösung des Problems – schafft hier die EuGVVO, die Vorschriften über die Vollstreckung von ausländischen Titeln innerhalb der EU aufstellt. In dieser Rechtsverordnung sind allgemeine Regelungen für die Zwangsvollstreckungen aus ausländischen (europäischen) Vollstreckungstitel innerhalb Europas aufgestellt. Die Rechtsverordnung gilt sowohl für Deutschland als auch für Polen.

Zwangsvollstreckung aus deutschen Urteilen in Polen

Da das Thema Zwangsvollstreckung in Polen“ hier schon ausführlich behandelt wurde, soll den nachfolgende Beitrag einen kurzen Überblick über die bei der Vollstreckung in Polen anfallenden Kosten geben.

Antrag beim polnischen Gerichtsvollzieher (Komornik)

Die Einleitung des Vollstreckungsverfahrens in Polen verlangt einen Antrag, den man bei dem Gerichtsvollzieher (auf Polnisch Komornik) einreichen muss. Man reicht also – anders als in Deutschland – nicht bei Gericht (Vollstreckungsgericht) den Antrag auf Durchführung der Zwangsvollstreckung ein, sondern direkt beim Gerichtsvollzieher.

Wahlrecht bei der Auswahl des Gerichtsvollziehers in Polen

Ebenfalls anders als in Deutschland gibt es – mit Ausnahme der Vollstreckung in ein Grundstück – keine festen Bezirke für die einzelnen Gerichtsvollzieher. Von daher hat der (deutsche) Gläubiger das Recht, sich den polnischen Gerichtvollzieher auszusuchen. Die Gerichtsvollzieher in Polen sind selbstständig und nicht, wie in Deutschland, für den Staat tätig.

Zuständigkeit beachten bei Immobilienvollstreckung

Allerdings gibt es vom obigen Grundsatz eine Ausnahme, nämlich bei der Zwangsvollstreckung in ein Grundstück in Polen. Bei der Vollstreckung in eine polnische Immobilie ist allein der Gerichtsvollzieher am Ort der Immobilie für die Vollstreckung zuständig.

Kostenvorschuss für die Zwangsvollstreckung in Polen

Die Durchführung des Zwangsvollstreckungsverfahrens, ähnlich wie des Gerichtsverfahrens, verlangt von dem Gläubiger auch die Verauslagung sämtlicher Kosten des Vollstreckungsverfahrens, sofern diese nicht erfolgsabhängig sind (wie die Gebühr für den Gerichtsvollzieher). Im besten Fall – also im Fall, dass die komplette Forderung nebst der erstattungsfähigen Kosten erfolgreich beigetrieben werden können – erhält der Gläubiger einen Teil der Kosten vom Schuldner zurück. Problematisch ist nämlich die Erstattung der Anwaltsgebühren im Zwangsvollstreckungsverfahren in Polen.

Kosten der Zwangsvollstreckung in Polen

Vollstreckungskosten

Höhe des Kostenvorschusses an den Gerichtsvollzieher

Der Gläubiger, der einen Gerichtsvollzieher in Polen beauftragt hat, muss mit einer ersten Anzahlung an den Gerichtsvollzieher in Höhe von ca. 200 PLN – 300 PLN (dies sind € 50 bis € 75) rechnen. Bei dieser Anzahlung handelt es sich um einen Vorschuss auf die Tätigkeiten des Gerichtsvollziehers, der dann (auch dies ist in Deutschland anders) selbständig nach dem Vermögen des Schuldners sucht.

Anfragen an Behörden durch den Gerichtsvollzieher

Der polnische Gerichtsvollzieher stellt dann Anfragen an diverse polnische Behörden, wie z.B. an das Finanzamt, das Sozialversicherungsamt, an Banken usw. Die entsprechenden Auskünfte sind grundsätzlich gebührenpflichtig und dies soll der Vorschuss an den Gerichtsvollzieher abdecken. Der Gerichtsvollzieher (kormornik) wird also von sich aus tätig und ist dabei in der Regel – auch schon wegen der Erfolgsbeteiligung – motiviert.

höherer Vorschuss bei Zwangsvollstreckung in ein Grundstück in Polen

Bei der Zwangsvollstreckung in eine Immobilie in Polen des Schuldners wird der Gerichtsvollzieher zur Verwertung des Grundstücks einen Gutachter für die Wertermittlung beauftragen und von daher ist hier auch der Vorschuss höher. In der Regel sind mit Vorschusszahlungen in Höhe von ca. 2500 PLN (dies sind nicht ganz € 600). Darüber hinaus muss kostet die Eintragung der Pfändung der Immobilie im Grundbuch noch 60 PLN (dies sind rund € 15).

Gerichtsvollziehergebühr zahlt Schuldner aus vollstreckten Vermögen

Der Gerichtsvollzieher (Komornik) bekommt- im Falle des Erfolgs –  vom Schuldner eine Gerichtsvollziehergebühr, die dann das Honorar des Gerichtsvollziehers darstellt. Diese Gebühr wird direkt vom Schuldner, zusammen mit den in der Zwangsvollstreckung betriebenen Beträgen, vollstreckt, so dass der Gläubiger zur Einzahlung dieser Gebühr nicht verpflichtet ist.

Diese Gebühren sind in Polen gesetzlich geregelt und sehen wie folg aus:

  1. Bei der Vollstreckung einer Geldleistung erhebt der Gerichtsvollzieher eine Gebühr, die 15 % des zu vollstreckenden Betrages beträgt, es sei den – die Zwangsvollstreckung wird nur aus den Bankkonten, aus der Vergütung (Lohn), aus den Sozialversicherungsleistungen, aus dem Arbeitslosengeld geführt. In solchem Fall beträgt diese Gebühr 8 % des zu vollstreckenden Betrages;
  2. Bei der Einstellung der Zwangsvollstreckung auf Antrag des Gläubigers erhebt der Gerichtsvollzieher eine Gebühr, die 5 % des zu vollstreckenden Betrages beträgt. Mit dieser Gebühr hat man in der Regel dann zu tun, wenn der Schuldner nach dem Einleiten der Zwangsvollstreckung seine Schuld direkt dem Gläubiger zurückzahlt.

Anwaltskosten der Zwangsvollstreckung in Polen

Falls der Gläubiger von einem Bevollmächtigten in der Zwangsvollstreckung vertreten wird, ist der Schuldner auch verpflichtet, das Anwaltshonorar dem Gläubiger zurückzuzahlen. Dies hört sich erst einmal gut an, allerdings sind nur die minimalen Anwaltsgebühren in der Zwangsvollstreckung in Polen erstattungsfähig. Es gibt in Polen diesbezüglich nämlich sog. Rahmengebühren, die vom Streitwert abhängen. In der Regel wird kein Anwalt in Polen für diese „Minimalgebühren“ tätig werden.  In der Regel wird ein Pauschalhonorar mit dem Mandanten für die Tätigkeit (Vollstreckung) vereinbart.

Aufgrund der obigen Grundsätze lohnt sich oft für den deutschen Gläubiger nicht die Vollstreckung in Polen bei geringen Hauptforderungen.

Rechtsanwalt Andreas Martin – Anwalt in Polen